Forscher an der University of California und am Cedars-Sinai Medical Center haben eine neue Technik entwickelt, um Placenta accreta festzustellen, eine für schwangere Frauen lebensbedrohliche Störung. Diese tritt bei weniger als 0,5 % aller Schwangerschaften auf. Dr. Yazhen Zhu und Hsia-Rong Tseng, beide Professoren an der UCLA, arbeiten seit 15 Jahren an der Entwicklung der neuen NanoVelcro-Chip-Technik. Das Forschungsteam ist auf molekulare und medizinische Pharmazeutik spezialisiert.
Derzeit wird Placenta accreta mittels Ultraschall und zusammen mit der Einschätzung der Schwangeschaftsvorgeschichte diagnostiziert. Die Krankheit selbst ist symptomfrei und wird erst dann entdeckt, wenn routinemäßige Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden. Durch neue Methoden kann die Diagnose erleichtert werden.
Wie Placenta accreta entsteht
Placenta accreta tritt dann ein, wenn sich die Chorionzotten in krankhafter Form an die Gebärmutterwand anhaften. Die Plazenta wächst nicht nur in die Gebärmutterschleimhaut ein, sondern verbindet sich mit der Muskulatur des Uterus. Die Chorionzotten haften sich dabei nicht an die Dezidua an, sondern an das Myometrium. Anders ausgedrückt, dringt die Plazenta zu tief in die Gebärmutterwand ein, ohne aber die Gebärmuttermuskulatur zu durchdringen. In schweren Fällen durchdringen die Chorionzotten alle Gebärmutterschichten und greifen auf anliegende Organe wie Darm und Blase über.
Placenta accreta kann dafür sorgen, dass die Plazenta nach der Entbindung in der Gebärmutter verbleibt. Zwar birgt diese Störung für das Baby keine Risiken, und verursacht auch keine Schmerzen während der Schwangerschaft, kann aber bei der Mutter, die entbunden hat und deren Plazenta entfernt werden muss, einen erheblichen Blutverlust nach sich ziehen.
Wird Placenta accreta vor der Geburt nicht erkannt, kann sie einen Notfall bedeuten, der Bluttransfusionen und intensivmedizinische Behandlung erfordert. Außerdem kann es durch den übermäßigen Blutverlust zu Infektionen und sogar zum Tod der Mutter kommen, wenn die Plazenta nach der Entbindung nicht aus der Gebärmutter entfernt wird.
Wie NanoVelcro-Chip-Technik bei der Diagnose von Placenta accreta hilft
Bei NanoVelcro handelt es sich um eine Zellisolierungstechnik, die ursprünglich entwickelt wurde, um Tumorzellen bei Krebspatienten zu isolieren. NanoVelcro ist eigentlich ein in eine Nanostruktur eingebetteter Mikrochip, der bestimmte, ausgewählte Zellen in einer gemischten Probe heraussucht und anreichert.
Forscher begannen nun, die Plattform als Mittel dafür einzusetzen, nicht-invasive Pränataldiagnosen durchzuführen. Sie stützten sich dabei auf die Möglichkeit, frei zirkulierende Trophoplastenzellen zu isolieren, die aus der Plazenta aus elterlichem Blut gewonnen wurden, um sie für Chromosomen- oder andere genetische Untersuchungen einzusetzen.
Das NanoVelcro-Chip-Gerät ist so groß wie eine Briefmarke und mit Nanodrähten ausgestattet. Diese sind 1000-mal dünner als menschliches Haar und mit Antikörpern versehen, die bestimmte Zellen erkennen. Die an der Studie zur Erkennung von Placenta accreta beteiligten Forscher programmierten den Chip darauf, Plazentazellen (Trophoplasten) zu erkennen, die normalerweise bei vorhandener Placent accreta im Blut auftreten.
Trophoplasten entstehen in den ersten Tagen der Schwangerschaft. Werden sie zur Untersuchung einer Blutprobe eingesetzt, heften sie sich an den Chip und können unter dem Mikroskop betrachtet werden. Mütter, die ein höheres Risiko für Placenta accreta aufweisen, zeigen meist ungewöhnlich viele Trophoplasten oder Trophoplastenansammlungen.
Zhu, Hauptautorin der NanoVelcro-Studie, gab an, dass Trophoplasten, als sie sie das erste Mal sah, wie schimmernde Perlen ausgesehen hätten. Die Betrachtung der Zellen unter dem Mikroskop habe sich angefühlt, als hätte sie direkt in die Plazenta einer beginnenden Schwangerschaft gesehen.
Die Bedeutung der NanoVelcro-Technik bei der Erkennung von Placenta accreta
Experten im Bereich Geburts- und Schwangerschaftsmedizin halten die Plattform für ein mögliches Mittel zur genaueren und rechtzeitigeren Diagnose von Placenta accreta. Yalda Afshar, Medizindozentin an der UCLA und Erstautorin der Studie, gab an, dass Placenta accreta für Ärzte nicht das größte Problem darstelle, aber dennoch ein Bedarf an besserer und früherer Diagnose bestehe.
Mediziner können die neue Blutuntersuchung nun früher, sogar schon im ersten Trimester der Schwangerschaft durchführen. Früherkennung ermöglicht eine zeitgerechte Verweisung an Spezialisten für Hochrisikoschwangerschaften, falls die Untersuchung ein Risiko für Placenta accreta ergibt. Blutuntersuchungen bei über 100 Frauen ergaben, dass das Vorliegen von Placenta accreta mit einer Genauigkeit von 79 Prozent ermittelt werden kann. Die Genauigkeit beim Ausschluss von Placenta accreta bei einem negativen Ergebnis lag bei 93 Prozent.
Bisher erfolgte die Diagnose durch Ultraschalluntersuchungen, kombiniert mit einer Bewertung der Schwangerschaftsvorgeschichte. So können beispielsweise eine Vorbelastung mit Placenta previa, einer Krankheit, bei der die Plazenta den Geburtskanal verdeckt, sowie Kaiserschnittgeburten auf ein erhöhtes Risiko hindeuten. Diese Faktoren sind allerdings nicht verlässlich genug, um alle Fälle mit Ausnahme der schwersten zu diagnostizieren. Derzeitige, tomografiebasierte Diagnosemethoden wie Ultraschall und Magnetresonanztomografie sind subjektiv, da die Genauigkeit von der Person abhängt, die diese Technik anwendet.
Dr. Margareta Pisarska, Professorin für Geburtsmedizin und Gynäkologie am Cedars-Sinai, hält eine multidisziplinäre Herangehensweise von Forschungsteams für den Schlüssel zum Erfolg der Studie. Dr. Pisarska, die ebenfalls leitende Mitautorin der NanoVelcro-Studie ist, enthüllte, die Diversität des Teams hätte innovative Lösungen und Innovation im Bereich der Schwangerschafts- und Geburtsmedizin ermöglicht.
Die Forscher stammen aus verschiedenen Fachbereichen wie Nanotechnik, Geburtsmedizin, Chemie, Maschinenbau, Pathologie, Mikrofluidik und Biostatistik. Sie erkunden derzeit neue Möglichkeiten, um die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Untersuchungsmethode zu verbessern.