Laut einer aktuellen Yale-Studie, die in Child Development veröffentlicht wurde, kann das Singen die Stimmung des Kindes deutlich verbessern. Weltweit und kulturübergreifend scheint das Singen für Babys für Bezugspersonen etwas ganz Instinktives zu sein. Neue Erkenntnisse bestätigen nun, dass Singen eine einfache, sichere und kostenlose Möglichkeit ist, das psychische Wohlbefinden von Säuglingen zu verbessern. Da eine bessere Stimmung im Säuglingsalter mit einer höheren Lebensqualität für Eltern und Babys verbunden ist, wirkt sich dies wiederum positiv auf die Gesundheit der gesamten Familie aus, so die Forscher. Die Studie liefert auch eine Erklärung dafür, warum sich musikalisches Verhalten bei den Eltern entwickelt haben könnte.
Mehr Singen führt zu einer besseren Stimmung bei Säuglingen
„Singen kann jeder, und die meisten Familien tun es bereits“, sagte Eun Cho, Postdoktorandin am Yale Child Study Center und Co-Erstautorin der Studie. „Wir zeigen, dass diese einfache Praxis zu echten gesundheitlichen Vorteilen für Babys führen kann.“„Wir müssen uns nicht immer auf teure, komplizierte Maßnahmen konzentrieren, wenn es andere gibt, die genauso wirksam und leicht umzusetzen sind“, fügte Lidya Yurdum hinzu, Doktorandin der Psychologie an der Universität Amsterdam, die dem Child Study Center angehört und Mitautorin der Studie ist.
An der neuen Studie nahmen 110 Eltern und ihre Babys teil, von denen die meisten jünger als vier Monate waren. Die Forscher teilten die Eltern nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein und ermutigten eine Gruppe, ihren Säuglingen häufiger vorzusingen, indem sie den Eltern neue Lieder beibrachten, ihnen Karaoke-Videos und kindgerechte Liederbücher zur Verfügung stellten und wöchentliche Newsletter mit Ideen für die Einbindung von Musik in den Alltag verschickten. Vier Wochen lang erhielten diese Eltern zu zufälligen Tageszeiten Umfragen auf ihren Smartphones. Die Eltern beantworteten Fragen zur Stimmung ihres Kindes, zu Unruhe, zur Zeit, die sie mit Beruhigen verbrachten, zur Stimmung der Bezugspersonen und zur Häufigkeit musikalischer Aktivitäten. Beispielsweise wurden die Eltern gebeten, die Stimmung ihres Babys in den letzten zwei bis drei Stunden vor Erhalt der Umfrage als positiv oder negativ zu bewerten. Die 56 Eltern in der Kontrollgruppe erhielten in den vier Wochen nach dem ersten Experiment eine identische Intervention.
Die Forscher fanden heraus, dass es den Eltern gelang, mehr Zeit mit Singen zu verbringen. Die Eltern sangen nicht nur häufiger, sondern nutzten Musik auch in einem bestimmten Kontext: um ihre Babys zu beruhigen, wenn sie quengelig waren. „Wir haben den Eltern nicht gesagt: ‚Wir finden, Sie sollten Ihrem Baby vorsingen, wenn es quengelig ist‘, aber genau das haben sie getan“, sagte Samuel Mehr, außerordentlicher Professor am Child Study Center und Direktor des Music Lab. Mehr ist auch der Hauptforscher der Studie. „Eltern greifen intuitiv zu Musik als Mittel, um die Emotionen ihrer Babys zu regulieren, weil sie schnell lernen, wie effektiv Singen ist, um ein quengeliges Baby zu beruhigen.
Am überraschendsten war, dass die Antworten auf die Umfrage zeigten, dass vermehrtes Singen zu einer messbaren Verbesserung der allgemeinen Stimmung der Säuglinge im Vergleich zur Kontrollgruppe führte – mit anderen Worten: Eltern, die mehr sangen, bewerteten die Stimmung ihrer Babys als deutlich besser. Wichtig ist, dass die verbesserte Stimmung allgemein festgestellt wurde und nicht nur als unmittelbare Reaktion auf die Musik. Obwohl das Singen in dieser Studie keinen signifikanten Einfluss auf die Stimmung der Betreuungspersonen hatte, glaubt Mehr, dass es Folgeeffekte auf die Gesundheit junger Familien geben könnte. „Alle Eltern wissen, dass die Stimmung eines Säuglings alle Menschen in seiner Umgebung beeinflusst“, so Mehr. „Wenn sich die Stimmung der Säuglinge über einen längeren Zeitraum verbessert, könnte sich dies auch auf andere Gesundheitsaspekte auswirken.“
Folgeuntersuchung könnte klären, ob Singen eine postpartale Depression lindert, und den Schlaf des Babys unterstützt
Das Team glaubt, dass die Vorteile des Singens noch größer sein könnten, als die aktuelle Studie zeigt. „Schon vor unserer Intervention waren diese teilnehmenden Familien besonders musikalisch“, erklärte Yurdum. „Trotzdem und trotz der nur vierwöchigen Intervention konnten wir Vorteile feststellen. Das deutet darauf hin, dass das Singen für Babys in Familien, die Musik noch nicht als Mittel zur Beruhigung ihrer Säuglinge einsetzen, wahrscheinlich noch eine stärkere Wirkung hat.“ Die Forscher des Child Study Center rekrutieren derzeit Eltern und Babys unter vier Monaten für eine Folgestudie mit dem Titel „Together We Grow“, in der die Auswirkungen des Singens auf Säuglinge über einen Zeitraum von acht Monaten untersucht werden sollen.
Obwohl die Forscher innerhalb von vier Wochen keine Verbesserung der Stimmung der Betreuungspersonen feststellen konnten, sind sie gespannt, ob Singen langfristig dazu beitragen kann, Stress oder Erkrankungen wie postpartale Depression zu lindern. Sie möchten auch untersuchen, ob Singen über die Verbesserung der Stimmung hinaus weitere positive Auswirkungen auf Säuglinge haben könnte, beispielsweise einen besseren Schlaf. Frühere Arbeiten des Music Lab haben gezeigt, dass Musik, die sich an Säuglinge richtet, beim Menschen universell ist, und dass Menschen sogar den Kontext von Liedern – beispielsweise, ob es sich um ein Tanzlied oder ein Schlaflied handelt – in Fremdsprachen und aus anderen Kulturen erschließen können. Für Mehr sind die neuen Erkenntnisse angesichts dieser grundlegenden wissenschaftlichen Ergebnisse nachvollziehbar. „Unser Verständnis der evolutionären Funktionen von Musik weist auf eine Rolle der Musik in der Kommunikation hin“, so Mehr. „Eltern senden ihren Babys mit Wiegenliedern ein klares Signal: Ich bin in der Nähe, ich höre dich, ich passe auf dich auf – also kann es nicht so schlimm sein.“ Die Babys hören offenbar zu.
