Es ist kein Geheimnis, dass Stillen die Gesundheit des Babys auf vielfältige Weise fördert. Weniger bekannt ist, dass auch die Mutter davon profitiert, wenn sie ihrem Nachwuchs die Brust gibt. Forschungen legen nahe, dass Frauen, die stillen, gesundheitliche Vorteile gegenüber jenen haben, die darauf verzichten; vor allem, was die Gesundheit von Herz und Gehirn betrifft.
Mütter, die stillen, haben ein geringeres Risiko für Herzkrankheiten
Die gesundheitlichen Vorteile des Stillens für Kinder sind bekannt. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Stillen mit weniger Atemwegsinfektionen und einem geringeren Todesrisiko durch Infektionskrankheiten bei gestillten Kindern verbunden. Stillen wurde auch mit Vorteilen für die Gesundheit der Mutter in Verbindung gebracht, einschließlich eines geringeren Risikos für Typ-2-Diabetes, Eierstockkrebs und Brustkrebs.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten in der westlichen Welt, umso wichtiger ist es, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Herzgesundheit bestmöglich zu schützen. Einer Metaanalyse früherer Studien zufolge erkranken Frauen, die irgendwann in ihrem Leben gestillt hatten, im Vergleich zu Frauen, die das nicht taten, mit geringerer Wahrscheinlichkeit an Herzerkrankungen oder Schlaganfällen. Stillen ist auch mit einem geringeren Risiko verbunden, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Frühere Untersuchungen haben bereits festgestellt, dass die gesundheitlichen Vorteile des Stillens für Mütter mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes und einigen Krebsarten verbunden sind.
Forscher rund um Peter Willeit, Professor für Klinische Epidemiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, überprüften Gesundheitsinformationen aus acht Studien, die zwischen 1986 und 2009 in Australien, China, Norwegen, Japan und den USA durchgeführt wurden, sowie aus einer multinationalen Studie. Die Überprüfung umfasste Krankenakten von fast 1,2 Millionen Frauen (Durchschnittsalter 25 Jahre bei der ersten Geburt) und analysierte den Zusammenhang zwischen dem Stillen und dem individuellen kardiovaskulären Risiko der Mutter. Die Überprüfung ergab:
82 Prozent der Frauen gaben an, irgendwann in ihrem Leben gestillt zu haben. Im Vergleich zu Frauen, die nie gestillt haben, hatten Frauen, die angaben, während ihres Lebens gestillt zu haben, ein um 11 Prozent geringeres Risiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Über einen durchschnittlichen Nachbeobachtungszeitraum von 10 Jahren hatten Frauen, die irgendwann in ihrem Leben gestillt hatten, ein um 14 Prozent geringeres Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu entwickeln; eine 12 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, Schlaganfälle zu erleiden; und eine 17 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Frauen, die im Laufe ihres Lebens 12 Monate oder länger gestillt haben, scheinen weniger wahrscheinlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln als Frauen, die darauf verzichteten. Es gab keine nennenswerten Unterschiede hinsichtlich des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zwischen Frauen unterschiedlichen Alters oder nach Anzahl der Schwangerschaften. Die Ergebnisse wurden im Journal of the American Heart Association (JAHA) veröffentlicht.
Stillen wirkt sich auch positiv auf das Gehirn aus
Forschungen unter der Leitung von Forschern der UCLA Health stellten fest, dass Frauen über 50, die ihre Babys gestillt haben, bei kognitiven Tests besser abschneiden als Frauen, die nie die Brust gaben. Die in Evolution, Medicine and Public Health veröffentlichten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Stillen einen positiven Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Frauen nach der Menopause haben und langfristige Vorteile für das Gehirn der Mutter haben könnte. Eine gute kognitive Gesundheit ist entscheidend für das Wohlbefinden im Alter. Wenn jedoch die Kognition nach dem 50. Lebensjahr beeinträchtigt wird, kann dies ein starker Indikator für die Alzheimer-Krankheit (AD) sein, die häufigste Form der Demenz und Ursache für Behinderungen bei älteren Menschen.
Da festgestellt wurde, dass Stillen auch dazu beiträgt, Stress zu regulieren, die Säuglingsbindung zu fördern und das Risiko einer Wochenbettdepression zu senken, was auf akute neurokognitive Vorteile für die Mutter hindeutet, vermuteten die Forscher, dass es auch mit einer langfristigen guten kognitiven Leistungsfähigkeit verbunden sein könnte. Um dies herauszufinden, analysierten die Experten Daten von Frauen, die an zwei randomisierten, kontrollierten, 12-wöchigen klinischen Querschnittsstudien an der UCLA Health teilnahmen: Die „Brain Connectivity and Response to Tai Chi in Geriatric Depression and Cognitive Decline“ umfasste depressive Teilnehmer. An der Studie„Reduzierung des Risikos für die Alzheimer-Krankheit bei Frauen mit hohem Risiko durch Yoga oder Gedächtnistraining“ nahmen nicht depressive Teilnehmerinnen mit einigen subjektiven Gedächtnisbeschwerden und einem Risiko für Herzerkrankungen teil.
Bessere kognitive Leistungsfähigkeit
Von den beiden Studien entschieden sich 115 Frauen zur Teilnahme, wobei 64 als depressiv und 51 als nicht depressiv identifiziert wurden. Alle Teilnehmer absolvierten eine umfassende Reihe von psychologischen Tests, bei denen Lernen, verzögertes Abrufen, exekutive Funktionen und Verarbeitungsgeschwindigkeit gemessen wurden. Sie beantworteten auch einen Fragebogen über ihre reproduktive Lebensgeschichte, der Fragen zum Alter der ersten Menstruation, zur Anzahl der Schwangerschaften, zur Dauer der Stillzeit für jedes Kind und zum Alter der Menopause enthielt.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Analyse der Forscher aus den Fragebögen zur Fortpflanzungsgeschichte von Frauen ergaben, dass etwa 65 % der nicht depressiven Frauen angaben, gestillt zu haben, im Vergleich zu 44 % der depressiven Frauen. Alle nicht depressiven Teilnehmerinnen berichteten von mindestens einer abgeschlossenen Schwangerschaft im Vergleich zu 57,8 % der depressiven Teilnehmerinnen. Die Ergebnisse der kognitiven Tests zeigten auch, dass jene Frauen, die gestillt hatten, unabhängig davon, ob sie depressiv waren oder nicht, in allen vier kognitiven Tests, die Lernen, verzögerte Erinnerung, exekutive Funktionen und Verarbeitung messen, besser abschnitten als Frauen, die nicht gestillt hatten. Separate Analysen der Daten für die depressiven und nicht depressiven Gruppen ergaben auch, dass alle vier kognitiven Domänenwerte bei den nicht depressiven Frauen signifikant mit dem Stillen assoziiert waren. Aber bei den depressiven Frauen waren nur zwei der kognitiven Bereiche – exekutive Funktionen und Verarbeitungsgeschwindigkeit – signifikant mit dem Stillen verbunden.
Interessanterweise fanden die Forscher auch heraus, dass eine längere Stillzeit mit einer besseren kognitiven Leistungsfähigkeit verbunden war. Als sie die gesamte Zeit zusammenzählten, die eine Frau in ihrem Leben mit Stillen verbracht hatte, stellten sie fest, dass Frauen, die nicht stillten, in drei von vier Bereichen signifikant niedrigere kognitive Werte aufwiesen als Frauen, die 1 bis 12 Monate lang gestillt hatten, und in allen vier Domänen im Vergleich zu den Frauen, die länger als 12 Monate gestillt hatten. Frauen, die am längsten gestillt hatten, hatten die höchsten kognitiven Testergebnisse.
Laut den Forschern unterstreichen diese Ergebnisse aus hochwertigen Studien, die weltweit durchgeführt wurden, die Notwendigkeit, das Stillen zu fördern und zu unterstützen. Denn, auch wenn die Vorteile für Babys gut belegt sind, sollten Mütter weiterhin ermutigt werden, zu stillen, in dem Wissen, dass sie nicht nur die Gesundheit ihres Kindes, sondern auch ihre eigene erheblich verbessern.